Eine kleine Oase der Ruhe hat Rainer Stubbe vor 16 Jahren auf dem elterlichen Hof am Billwerder Billdeich 480 geschaffen. Von der Straße aus fallen die neun gestutzten Linden sofort auf – die Namensgeber für seinen Hofladen und Café Hof Neun Linden.
Der Bauernhof selbst befindet sich seit 1896 im Familienbesitz und wird aktuell in der 5. Generation betrieben. Rainer Stubbes Eltern nutzten den Hof für den Ackerbau und die Haltung von Milchvieh. In den 70er Jahren wurde dann von der Milcherzeugung auf Schweinezucht umgestellt.
Das Leben auf dem Bauernhof hat Rainer nachhaltig geprägt. Als Kind genoss er viele Freiheiten, von denen ein Stadtkind nur träumen kann: Höhlen bauen, Lagerfeuer machen, Baumhäuser bauen und vieles mehr gehörten zu den Abenteuern auf dem Hof.
Auf der anderen Seite gehört für ein Kind auf dem Bauernhof auch die harte Arbeit dazu, denn in der Familie zu helfen ist hier eine Selbstverständlichkeit, aber welcher Junge träumt nicht davon einen großen Trecker selber zu fahren? – auf dem Bauernhof gehört das dazu!
Nach der Schule absolvierte Rainer Stubbe erst eine Lehre zum Landschaftsgärtner und im Anschluss ein Studium zum Landschaftsplaner in Hannover. Nebenbei bestellte er seinen eigenen Gemüsegarten, samt Foliengewächshaus und Hühnerstall auf dem elterlichen Hof. Die geernteten Produkte wurden selbst ausgefahren und verkauft, womit Rainer sein Studium finanzieren konnte.
Heimatverbundenheit auch im Studium
Die große Heimatverbundenheit von Rainer Stubbe wird auch im Studium deutlich: Gleich zwei Studienarbeiten beschäftigen sich mit dem Thema Dorfentwicklungskonzept und die abschließende Diplomarbeit 1991 schließlich mit dem Thema: „Die Bille als Element des Hamburger Grünsystems“
An die Eröffnung eines eigenen Hofladens dachte er anfangs nicht. Vielmehr begann die berufliche Kariere in der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde. Mit einem jeweils auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag war die Zukunft jedoch alles andere als sicher und nach vier Jahren gab es keinen neuen Vertrag mehr. Einen neuen Job zu finden war äußerst schwierig, weshalb das Arbeitsamt fragte, ob er sich vorstellen könne sich selbständig zu machen.
Selbständig? Das war eigentlich genau das richtige für Rainer, der neben seinem Obst- und Gemüseverkauf in der Studienzeit auch schon Flohmärkte organisiert und Haushaltsauflösungen abgewickelt hatte. Das Kaufmännische lag ihm im Blut und so entwickelte sich die Idee des Hofladens.
Der kleine Schweinestall auf dem Hof neun Linden wurde 1998 umgebaut und im Winter bereits für einen Weihnachtsmarkt genutzt. Die richtige, offizielle Eröffnung folgte dann Ostern 1999. Anfangs wurden neben Bio-Produkten auch solche aus herkömmlicher Produktion angeboten. Das eine oder andere antike Möbelstück war ebenfalls im Hofladen zu finden, musste aber schon bald weichen. Die Nachfrage nach besonderen Lebensmitteln aus ökologischem Anbau wuchs rasant. Man kann sagen, die Entwicklung des Hofladens verlief in den ersten zwei Jahren hervorragend!
Mit Einführung des Euro wurden konventionelle Produkte so teuer, dass sich ihr Verkauf im kleinen Hofladen nicht mehr lohnte. Rainer Stubbe konzentrierte sich entsprechend voll und ganz auf Bio-Produkte und traf damit den Trend der Zeit.
Doch waren vor gut zehn Jahren Bio-Produkte noch etwas Besonderes, so sind diese heute auch aus normalen Supermärkten, ja sogar aus Discountern, nicht mehr wegzudenken. Die Konkurrenzsituation ist damit für Hof Neun Linden nicht mehr Dieselbe.
Rainer, dem es schon immer wichtig war den Hof, diesen besonderen Ort mit all den Erinnerungen an seine Kindheit, zu erhalten, gelang es in den letzten Jahren aus dem „einfachen Hofladen“ ein authentisches Gesamterlebnis zu machen, dass sehr gut angenommen wird.
Als Kind haben wir eine bestimmte Vorstellung von einem Bauernhof. Da gehören Trecker und Felder zu, aber in erster Linie auch die verschiedensten Tiere. Genau dieses Bild von einem Bauernhof möchte Rainer Stubbe seinen Kunden und Gästen erhalten. Er möchte den Menschen damit etwas erhalten, was es heute fast gar nicht mehr gibt! In der modernen Landwirtschaft hat die Spezialisierung die Vielfalt längst verdrängt. Selbst eine Bio-Farm mit über 2000 Freilandhühnern hat heute etwas Steriles und nichts mehr mit unserem Bild vom Landleben gemeinsam.
So hat sich aus dem Hofladen Hof Neun Linden ein Erlebnisbauernhof entwickelt. Zum Hofladen gehört unlängst ein Café. Katharina von den Landfrauen Billwerder backt den leckeren, frischen Kuchen – am beliebtesten ist die Friesentorte. Gemütliche Sitzecken im Hofladen oder draußen laden zum Verweilen ein.
Für größere Gesellschaften eignet sich die zur Festscheune umgebaute alte Landdiele im Haupthaus. Zum Feiern ist der Hof wahrlich ein idealer Ort.
Für die Kinder ist die Spielscheune mit den mehrere Meter hohen Strohballen bestimmt ein besonderer Abenteuerspielplatz der lange in Erinnerung bleibt, oder ist es doch die Treckerrundfahrt mit anschließender Schweinefütterung?
Aber was wäre so ein Bauernhof ohne die Tiere? Neuester Bewohner und bestimmt bald der Star auf dem Hof ist der wenige Monate alte Labrador Retriever Bruno.
Hinter dem Hofladen und Café befindet sich der Hühnerstall. Hier lebt derzeit ein Hahn mit mehreren Hühnern.
Von weitem schon zu hören ist das Geschnatter der Gans. Zwei Gänse sollten vor einigen Jahren als Weihnachtsgans verkauft werden, doch ein kleiner Junge überredete seine Großeltern sie freizukaufen. Bis zu ihrem natürlichen Lebensende verbringen sie nun ihre verbleibende Zeit auf dem Hof. Eine Gans ist in der Zwischenzeit verstorben, die Verbliebene erfreut sich nun der Gesellschaft einer Ente und eines Schwans.
Neben einer kleinen Schafherde wohnen auch noch einige Schweine und Galloway-Rinder auf dem Hof Neun Linden. So zeigt sich der Hof, wie Rainer Stubbe sagt: „wie so ein Bauernhof den man in der Kindheit zusammenbaut.“ Nicht nur bei den Kindern sind die Tiere eine große Attraktion, allerdings bietet der Hof noch weitaus mehr!
So wurden auf einer Wiese neben den Schweinen 50 verschiedene Obstbäume mit historischen Obstsorten gepflanzt. Die Bäume sind zum Großteil eine Spende von Kunden und Freunden des Hof Neun Linden. In ein paar Jahren schon werden sie im Sommer viel Schatten spenden, und Rainer hofft das diese Streuobstwiese ein Lieblingsplatz vieler Menschen wird.
Etwas verborgen, Gegenüber der Streuobstwiese befindet sich eine weiße Grabplatte aus Marmor. Hier ist kein Grab, aber sie gehörte zu der Familie Heitmann, deren Hof und Scheune sich dahinter befanden. Rainer möchte ihnen mit dieser historischen Grabplatte ein kleines Denkmal setzen.
Doch kommen wir zurück zum Hofladen & Café. Der kleine Hofladen an der Bille bietet eine große Auswahl an hochwertigen Bioprodukten. Neben Obst und Gemüse gibt es täglich frische Backwaren, Milch, Eier, Käse, Honig, Säfte, Weine und noch vieles mehr. Alle Produkte stammen selbstverständlich von bekannten Höfen und Betrieben aus der Umgebung, wie z.B. dem Milchhof Reitbrook oder dem Springer Bio-Backwerk. Auch Freunde des guten Fleisches kommen nicht zu kurz. Auf Bestellung wird das saftige Fleisch der hofeigenen Galloway-Rinder jedes Frühjahr und Herbst verkauft.
Hofladen und Café sind Di.-Fr. von 09:00 bis 18:00 Uhr, Sa. von 08:00 bis 18:00 Uhr und Sonntags ab 12:00 Uhr geöffnet.
Die Festscheune kann nach Verfügbarkeit für Kindergeburtstage, Hochzeiten oder anderen Feiern gebucht werden.
Als Geheimtipp gilt Rainers umfangreiches Wissen über Billwerder. So sind bereits mehrere Dia-Vorträge entstanden und zukünftig Dorfrundgänge geplant.
Text: VuM
Fotos: VuM
Dieser Artikel ist erschienen in: Vier- & Marschlande Regionalmagazin Nr. 8 (3/2015)
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