In den letzten Ausgaben haben wir in einer 5-teiligen Serie über die Bergedorf-Geesthachter-Eisenbahn (BGE), Vierländer Eisenbahn und Hamburger Marschbahn berichtet. All diese drei Bahnlinien haben eins gemeinsam: Es gibt sie inzwischen nicht mehr. Einzig die heutige Museumsbahn „Karoline“ der Arbeitsgemeinschaft Geesthachter Eisenbahn e.V. fährt an den öffentlichen Fahrtagen noch auf den verbliebenen Gleisen der ehemaligen BGE zwischen Geesthacht und Bergedorf-Süd.

Am Bahnhof Bergedorf-Süd fallen einem heute drei alte Eisenbahnwagons auf, die eigentlich einmal grün waren, doch jetzt leider durch ständige Graffiti-Schmierereien kunterbunt sind.

An den Fahrtagen der Karoline sind diese drei Eisenbahnwagons ebenfalls zu besichtigen. Sie beherbergen den Verein „Modelleisenbahnfreunde Hamburg-Walddörfer“, der hier sein Vereinsdomizil mitsamt einer fest installierten, sowie einer mobilen Modul-Modellbahnanlage in Spurweite H0 hat.

Gegründet wurde der Verein am 29. März 1988 mit dem Ziel eine große Modelleisenbahnanlage in der Baugröße H0 zu bauen, sowie den Vereinsmitgliedern einen Austausch von Erfahrungen und Kenntnissen rund um das Thema Modellbau und Eisenbahn zu ermöglichen.

Als Anlagenraum konnte damals von der Deutschen Bundespost ein Postwagen der Schnellzugbauart (Post mr-a/26) erworben, und nach Verhandlungen mit der Deutschen Bundesbahn ab Januar 1989 auf einem Gleis am Güterbahnhof Hamburg-Wandsbek abgestellt werden.

Damit konnte das Vereinsleben jetzt „richtig“ beginnen. Zunächst wurde der Waggon restauriert und dabei äußerlich dem Auslieferungszustand von 1956 weitestgehend wieder angenähert. Nach dem Innenausbau wurde umgehend mit dem Bau der Modellbahnanlage begonnen. Thematisch verständigten sich die Vereinsmitglieder hierbei auf eine Nachbildung des Bahnhofes Verden/Aller.

Für diesen Bahnhof sprach seine Lage an der Strecke Hannover-Bremen mit in Verden abzweigender Hauptbahn nach Rotenburg/Wümme (und damit in Richtung Hamburg), sowie die Verden/Walsroder Eisenbahn, die in Verden eigene Anlagen unterhält. Als Zeitraum wurden die frühen sechziger Jahre (Epoche III) gewählt.

Mit fortschreitendem Aufbau der Modellbahnanlage wurde der Platz für Werkstatt und geselliges Beisammensitzen immer weniger. 1992 konnte der Verein von der Post einen zusätzlichen Güterwagen (Post 2st/11, einen ehemaligen Gmehs50 (Gos245)) günstig erwerben, der zur Werkstatt umgebaut wurde.

Mit seinem rollenden Vereinsdomizil nahm der Verein an verschiedenen Veranstaltungen teil:

  • 1990 – BW-Wilhelmsburg
  • 1991 – 125 Jahre Hamburger Hafenbahn
  • 1992 – 100 Jahre BW-Wilhelmsburg
  • 1993 – 100 Jahre Rangierbahnhof Hamburg-Süd
  • 1995 – Eröffnung Rangierbahnhof „Alte Süderelbe“

Heute sind solche Fahrten leider nicht mehr möglich, da für eine Lauffähigkeitsbescheinigung notwendige, regelmäßige Instandsetzungsarbeiten aus finanziellen Gründen von dem kleinen Verein nicht geleistet werden können.

Parallel zu der fest installierten Anlage wird seit Vereinsgründung an einer Modulanlage gebaut. Aktuell besteht diese Modulanlage aus 25 verschiedenen Teilen, wobei gegenwärtig an drei weiteren gebaut wird. In Anlehnung an die Bergedorf-Geesthachter Eisenbahn zeigt die Modulanlage in ihrem Herzen den Bahnhof Börnsen. Zusammen mit einem sog. Fiddeljard Bahnhof, sowie einer Kehre kommt die Anlage auf eine Gesamtlänge von ca. 15m. Die einzelnen Module können schnell auf- und abgebaut werden und kommen so bei externen Veranstaltungen zum Einsatz, wie z.B.

  • 1988 – Hafenbahnfest in Wilhelmsburg
  • 1993 – Modellbauhobby Wandsbek
  • 1993 – 1. Hamburger Modellbautage
  • 1994 – Modellbahnausstellung Realschule Wentorf
  • 1995 – 2. Hamburger Modellbautage
  • 1995 – Modellbahnfest der Eisenbahnfreunde Bad Oldesloe

Im Oktober 1999 erlitt der Verein einen schweren Rückschlag. Durch Brandstiftung wurde die komplette Anlage zerstört und der Waggon schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Der harte Kern des Vereins ließ sich davon zum Glück nicht unterkriegen. Der 26,4 Meter lange Waggon wurde renoviert und mit dem Wiederaufbau der Anlage begonnen. Im März 2000 konnte zusätzlich ein vierachsiger Umbauwagen (B4yg) erworben werden, der heute als  Vereinsheim/Werkstatt und bei Veranstaltungen als Ausstellungsraum/Speisewagen genutzt wird.

Bergedorf-Süd

2004 musste der Verein sein Abstellgleis in Hamburg-Wandsbek verlassen und hat seitdem auf einem Gleis am Bahnhof Bergedorf-Süd seine neue Heimat gefunden.

Die neue, für den Fahrbetrieb digitalisierte Anlage, wurde auf einer Länge von ca. 22 Metern errichtet. Sie verfügt heute über zwei Ebenen, welche durch zwei Gleiswendel miteinander verbunden sind. Die untere Ebene nimmt die beiden Schattenbahnhöfe mit je neun Abstellgleisen und einer Länge von ca. 4,50 Metern pro Gleis auf. Motiv dieser Anlage ist wieder der Bahnhof Verden/Aller.

Jeden Dienstag treffen sich die Vereinsmitglieder in ihren Eisenbahnwagons zum Basteln und spielen. Einige besonders aktive Vereinsmitglieder kann man hier allerdings auch häufiger antreffen.

Ganz besonders stolz sind die Mitglieder auf den zehnjährigen Jonas, der beinahe um die Ecke wohnt. An einem Tag der offenen Tür hat ihn das Eisenbahnfieber gepackt. Inzwischen hat er von seiner Oma eine eigene Lokomotive geschenkt bekommen und kommt oft zum Spielen vorbei.

Wie in vielen Vereinen, so wird sich auch hier Sorgen wegen des Nachwuchses gemacht, und so freut man sich über jeden Neuzugang!

Ein Problem, dass alle Modellbahnvereine kennen, ist das Sterben im Einzelhandel. Es gibt immer weniger Modellbauläden, während sich der Handel immer mehr auf das Internet konzentriert. So fehlt gerade den Kindern heute oft der erste Zugang zur Modelleisenbahn. Die Hersteller versuchen mit neuen Innovationen dem entgegen zu wirken.

Zu Weihnachten ist jetzt wieder eine Zeit, wo bei manchen Kindern eine Anfangspackung unter dem Tannenbaum liegen wird. Der 1. Vorsitzende, Uwe Mollenhauer, hat hier einen wichtigen Tipp: eine Anfangspackung ist zwar ein guter Start, doch einen Zug nur im Kreis fahren zu lassen, wird schnell langweilig. Wichtige Ergänzungen sind daher Weichen und Wagons. So können Züge zusammengestellt und Güter umgeladen werden, was einen lang anhaltenden Spielspaß garantiert!

Es müssen auch nicht immer Fertigbausätze zur Ausschmückung sein. Der Kreativität des Kindes sind keine Grenzen gesetzt. Im Haushalt und in der Natur finden sich jede Menge Utensilien, aus denen sich Landschaftsteile oder Gebäude basteln lassen.

Die Vereinskollegen unterstützen sich in allen Fragen, sei es nun Pflege und Wartung von Lokomotiven und Wagen, Landschaftsbau, Elektrik oder die Umstellung auf Digitaltechnik. Wer Interesse hat, ist gern gesehen und eingeladen vorbeizukommen.

Natürlich kommt auch das Gesellige nicht zu kurz: Einmal im Jahr findet ein Familientag mit Frauen und Kindern statt. Weitere Ausflüge und Vereinsreisen werden in unregelmäßigen Abständen veranstaltet.

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter:

 www.mef-hhwalddoerfer.de

Text und Fotos: VuM

Dieser Artikel ist erschienen in: Vier- & Marschlande Regionalmagazin Nr. 8 (3/2015)