Am Rande der Marschlande, etwas versteckt in einer Verzweigung des Billwerder Billdeiches, liegt ein wahrer musealer Schatz – das Deutsche Maler- und Lackierer Museum

Das Glockenhaus, welches heute das Deutsche Maler- und Lackierer Museum beherbergt, wurde um 1600 erbaut. Es ist ein Paradebeispiel der frühen Landhauskultur: reiche Hamburger hatten sich im 17. und 18. Jahrhundert schmucke Landhäuser in den Marschlanden erbaut.

Das Glockenhaus

Im Billwerder Billdeich 72 wurde ein bestehendes Gehöft um einen landhausartigen Wohnteil zur Straßenseite hin erweitert. Es diente reichen Hamburger Familien als Landsitz.

1972 wurde dieses Glockenhaus unter Denkmalschutz gestellt und es begannen die Instandsetzungsarbeiten mit der Rekonstruktion und Neufassung der klassizistischen Periode im Inneren des Hauses. Dabei wurde im Obergeschoss eine Holzdecke mit barocker Malerei gefunden, freigelegt und aufwändig konserviert und restauriert. Die Deckenbemalung stammt etwa aus dem Jahre 1630.

Alle diese Arbeiten geschahen in engster Anlehnung an die Befunde und Stilepochen, sowohl in Bezug auf die Farbtechnik als auch auf die Ausführung.

In diesem liebevoll und vorbildlich restaurierten Fachwerkgebäude können Sie erleben, wie vielseitig und farbig der Beruf der Maler und Lackierer ist und sich über 800 Jahre von der ersten Zunftgründung 1197 in Magdeburg bis in die heutige Zeit entwickelt hat.

Entstehung der Sammlung

Der Initiator für die Einrichtung eines Museums zur Dokumentation der geschichtlichen Entwicklung im Maler- und  Lackierer Handwerk war der ehemalige Obermeister der Malerinnung Hamburg, Joachim Germann.

1981 wurde auf seine Initiative hin im Innungsvorstand der Hamburger Maler- und Lackierer-Innung der Beschluss gefasst, ein berufsbezogenes Museum zu gründen. Es wurden Dinge zusammen getragen, die von der 800-jährigen Vergangenheit der Zünfte, Malerämter und Innungen Zeugnis ablegen.

Innungsfahnen

Innungsfahnen

Urkunden aus Lehrlings-, Wander- und Gesellenzeiten erhielt das Museum aus Nachlässen. Ebenso konnten alte Geräte und Werkzeuge, die schon ausgemustert waren, durch die Sammlung vor dem Wegwerfen gerettet werden.

Exponate und Schenkungen aus anderen Bundesländern ließen diese schnell weiter wachsen. Aus dem ursprünglich geplanten Hamburger Museum wurde so mit Zustimmung des Vorstandes des Hauptverbandes der Maler- und Lackierer- Innungen in Frankfurt das „Deutsche Maler- und Lackierer- Museum“.

Durch glücklichen Verhandlungsverlauf und die Übernahme von erheblichen Renovierungskosten bekam der Verein zur Förderung des Deutschen Maler- und Lackierer-Museums die Nutzung des Glockenhauses nach Beendigung der Renovierung vom Denkmalschutzamt Hamburg zugesagt.

Dieses günstige Zusammentreffen von Denkmalschutz, hervorragender Restauratorenarbeit und Förderverein ermöglichen es, dass die Exponate in einem Gebäude gezeigt werden, welches allein durch die Wandgestaltung mit beeindruckenden Maltechniken ein Beispiel für gelungene Raumgestaltung und qualitativ hochwertige Arbeitsausführung ist.

Rundgang und Inhalt der Sammlung

Der Rundgang durch das Fachwerkgebäude beginnt im Foyer. Dort ist die handgeschriebene Gründungsurkunde mit der Unterschrift das damaligen Präsidenten des Hauptverbandes des Deutschen Maler- und Lackierer- Handwerks, Paul Schnitker, zu sehen.

Im Foyer, sowie im angrenzenden Fahnensaal sind die Wandflächen vom Restaurator so gestaltet, dass die Profile und Ornamente eine plastische Wirkung erhalten – Illusionsmalerei par Excellence.

Im Fahnensaal werden Innungsfahnen aus verschiedenen Städten und Zeitepochen gezeigt. Neben bestickten Exemplaren aus Harburg (1911) und Hamburg (1911) werden bemalte Fahnen, aus Halle/Saale (1814) und anderen Orten gezeigt.

Die Hamburger Innungsfahnen werden heute nur noch anlässlich des Lukas-Festes im Oktober benutzt.

Die im gegenüber liegenden Zunftsaal ausgestellten Gegenstände und Urkunden geben Zeugnis von der Zunftgeschichte des Maleramtes. Die älteste urkundlich nachgewiesene Berufsorganisation im deutschen Maler- und Lackiererhandwerk entstand in Magdeburg. Im Jahr 1197 verlieh der Magdeburger Erzbischof Ludolf den Schilderern (scildere) und Sattlern der Elbestadt das Innungs-Privileg. Ein Ausschnitt dieser Urkunde ist im Museum als Kopie anzusehen.

In weiteren Vitrinen werden die Veränderung des Malerwappens, alte Urkunden und Dokumente, Gesellenzeugnisse, Wanderbücher und Meisterbriefe gezeigt.

Im Silbersaal sind prunkvolle Pokale ausgestellt, die auch heute noch bei den jährlichen Freisprechungsfeiern der jungen Malermeister benutzt werden. Die Amtskette des Hamburger Obermeisters, in der alle Obermeister von der Zunftgründung bis heute eingraviert sind, liegt gut abgesichert in einer Vitrine.

In der Lukasdiele wird die Verschmelzung von Kunst und Handwerk deutlich.

Der Heilige Lukas

Seit sich vor 800 Jahren die Zünfte organisierten, gilt der Heilige Lukas als der Schutzpatron der Maler. Vielfältige Lukasdarstellungen ob aus Holz geschnitzt, in Metall gegossen, auf Goldgrund gemalt oder als russische Ikonenmalerei werden hier gezeigt.

Das Lukas-Evangelium, vom Schriftmaler Walter Elwert mit der Hand geschrieben, und mit vielen farbigen Illustrationen versehen, ist ein Beispiel für eine meisterliche Arbeit.

Als Befähigungsnachweis und für das Bestehen der Meisterprüfung mussten die Maler vor mehr als 200 Jahren eine Landschaftsdarstellung mit einer figürlichen Szene anfertigen.

Aus dieser Zeit wird ein Originalbild im Museum ausgestellt. In der Regel waren dieses religiöse Darstellungen, denn die Hauptauftraggeber für Bilder waren die Kirchen. Eines dieser Meisterwerke aus der biblischen Geschichte, „Die Vertreibung der Hagar“, ist im Original vorhanden.

Die Spezialisierung in verschiedene Fachgebiete wird in der Balkondiele gezeigt.

Werkzeuge für Vergolder, Bühnenmaler und Siebdrucker sowie eine große Anzahl von Pigmenten und Hilfsmitteln zur Farbenherstellung und Bemusterungen sind zu sehen.

Im Malersaal sind farbige Entwürfe für Treppenhäuser und Wohnräume mit Schablonenbemusterung und Vorlagen für Marmorierung, Holzmalerei, Kammzugtechnik und Illusionsmalerei anzusehen.

Die vielen Arten der Beschriftung werden im Schildersaal gezeigt.

Alte Beschriftungen auf Holzgrund mit Wappenmalerei, Hinterglasschilder (teilweise mit Hinterglasvergoldung) und Buchmalerei mit handgeschriebenen Buchseiten sind in den Vitrinen ausgestellt. Ebenso wird die geschichtliche Entwicklung der Tapetenherstellung von mittelalterlichen Wandbespannungen über handbemalte Tapeten bis zur heute industriell hergestellten Tapete dokumentiert.

Erweiterung der Ausstellung

Im Jahr 2002 bekam das Museum zusätzlich zu den wunderschönen Räumen im ehemaligen Landhaus in einer gegenüberliegenden Strohdachscheune noch weiteren Ausstellungsraum bereitgestellt.

Malerwerkstatt

Malerwerkstatt

In einzelnen Kabinetten sind dort Themen wie Wanderschaft, Historische Malerwerkstatt, Holz- und Marmormalerei, Schablonierung, Tapetenherstellung und -verarbeitung sowie die Maschinenabteilung von der handbetriebenen Farbenmühle bis zum Airlessgerät ausgestellt.

An einer Kutsche aus dem 18. Jahrhundert kann man noch die dekorative Gestaltung und Bearbeitung mit hochwertigem Kutschenlack bewundern.

Nicht ganz so alt sind vier Schottsche Karren, die Anfang des 20. Jahrhunderts bis in den zweiten Weltkrieg hinein den Malerfirmen als Transportmittel dienten.

Außengelände

Neben dem Glockenhaus befindet sich ein besonderes Schmuckstück barocker Gartengestaltung. Ursprünglich wurde der Gartenplan 1897 für ein Bürgerhaus am Hamburger Jungfernstieg ausgearbeitet.

Barockgarten

Barockgarten

Zwei Elemente dieses Barockgartens mit ornamentalen Buchsbaumhecken passen hervorragend zum Stil des Fachwerkhauses.

Zur Straße hin befinden sich – typisch für diese Zeit – breit geschnittene Linden, die nach mehreren Jahren zu einem Dach zusammenwachsen, im hinteren Bereich befindet sich ein Kräutergarten.

Sonderausstellungen

Durch gelegentliche Sonderausstellungen und die Teilnahme an den „Langen Museumsnächten“, die in Hamburg von vielen Museen gleichzeitig betrieben werden, wird versucht auch breitere Publikumskreise anzusprechen.

Insbesondere zur Langen Nacht der Museen, gilt das Deutsche Maler- und Lackierer-Museum als Geheimtipp.

Berufsschulklassen aus dem norddeutschen Raum kommen mit den Lehrkräften, um den geschichtlichen Hintergrund des Berufes zu erfahren. Auch auswärtige Innungsverbände und Malereibetriebe verbinden einen Hamburg-Ausflug mit der Besichtigung des Deutschen Maler- und Lackierer- Museums. Ebenso ist es Anlaufstelle für Meisterschüler aus ganz Deutschland.

Wissenschaftliche Arbeit 

Die wissenschaftliche Leiterin des Museums betreut das umfangreiche Archiv. Es sind sehr viele Fachbücher in einer aufwändigen Registratur erfasst. Fachzeitschriften, die regelmäßig erscheinen, werden ebenfalls archiviert.

Für wissenschaftliche Zwecke, wie die Erstellung von Dissertationen und Diplomarbeiten, wird die Fachliteratursammlung des Museums gerne zur Hilfe genommen.

Förderverein

Wie alle kleinen Museen, so ist auch das Deutsche Maler- und Lackierer- Museum auf die tatkräftige und finanzielle Unterstützung von freiwilligen und Förderern angewiesen. In diesem Falle sogar ganz besonders, da das Museum keine staatlichen Finanzzuschüsse erhält und den Museumsbetrieb komplett aus Eintrittsgeldern, Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanzieren muss.

Der Verein zur Förderung des „Deutschen Maler- und Lackierer-Museums“ wurde zu diesem Zwecke 1984 gegründet und ist Träger des Museums. Engagierte Vereinsmitglieder betreuen nicht nur die Besuchergruppen mit fachkundigen Führungen durch die Ausstellung, sondern kümmern sich auch um Haus, Garten und Inventar.

Adresse und Öffnungszeiten

Deutsche Maler- und Lackierer- Museum
Billwerder Billdeich 72
22113 Hamburg-Billwerder

Tel.: 040 / 7338706

Web: www.malermuseum.de

Geöffnet ist das Museum am Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr, in den Monaten Dezember und Januar ist es geschlossen.

Führungen mit fachkundiger Betreuung werden ganzjährig für Gruppen auch außerhalb der Öffnungszeiten nach vorheriger Anmeldung angeboten.

Anmeldung für Gruppen über das Büro der Maler- und Lackierer-Innung Hamburg unter der Telefonnummer 040 / 343887 oder Fax 040 / 3480625.

Text: S. Wiens / VuM
Fotos: VuM

Dieser Artikel ist erschienen in: Vier- & Marschlande Regionalmagazin Nr. 12 (1/2017) Die Ausgabe mit vielen Fotos kann in unserem Shop nachbestellt werden.