Seit Monaten ist Corona das alles beherrschende Thema. Überall werden wir mit Infektions- und Opferzahlen konfrontiert. Ohne Frage, das ist alles schlimm, aber es gibt auch jenseits von Infizierten und Coronatoten ganz schlimme Dinge. Schlimme Dinge nicht wegen Corona, sondern wegen der Maßnahmen gegen Corona, quasi die Kollateralschäden, die man billigend in Kauf nimmt. Ich muss daher heute mal eine private Geschichte erzählen. Eine Geschichte, wie sie sich zurzeit wahrscheinlich zig tausendfach, wenn nicht gar millionenfach abspielt, und über die leider Niemand spricht. Eine Geschichte, wie sie sich vielleicht auch in diesem Moment irgendwo in Eurem persönlichen Umfeld abspielt. Dieser Artikel soll daher auf die Nebenwirkungen der Einschränkungen sensibilisieren, weil wir alle in dieser schwierigen Zeit ein bisschen mehr aufeinander aufpassen und uns gegenseitig helfen müssen!

Ziemlich genau 600km entfernt wohnt eine beste Freundin von mir. Sie ist für mich eine echte Seelenverwandte. Wir stehen täglich in Kontakt und trotz Entfernung weiß ich immer genau, wie es ihr geht und spüre, wenn etwas nicht stimmt.

Sie arbeitet in der Gastronomie und ist somit, wie viele Millionen anderer Menschen aus den verschiedensten Branchen, ganz besonders durch die Coronamaßnahmen betroffen. Maßnahmen, die sachlich betrachtet nichts anderes als ein temporäres, staatlich angeordnetes Berufsverbot sind. Als es im Frühjahr zum ersten Lockdown kommt, haben wir noch gemeinsam ausgerechnet was für sie 100% Kurzarbeit bedeutet. Ich will es verraten: trotz gutem Gehalt bleibt nach Abzug der Fixkosten weniger als die Hälfte des Hartz IV Regelsatzes über (und das ist schon sehr wenig). Während die Politik ihre Instrumente lobt, bedeutet das in der Realität, dass für Millionen Menschen unter Kurzarbeit das Geld vorne und hinten nicht reicht! Und wir reden hier nicht über einen langzeitarbeitslosen, sondern über einen Vollzeit Arbeitnehmer, der gerne arbeiten würde nur halt wegen der staatlichen Verbote nicht darf. Ich glaube es bedarf nicht viel Vorstellungskraft, dass dieser Zustand die Ersparnisse rasend schnell auffrisst.

Doch zurück zu meiner privaten Geschichte. Die persönlichen Details lasse ich jetzt mal außen vor, doch neben der Isolation und Perspektivlosigkeit der aktuellen Situation lasten im Herbst gleich noch mehrere persönliche Schicksale auf ihr. Eigentlich will sie mich Ende Oktober, in ihrem Urlaub, besuchen kommen. Doch ihrer Chefin gelingt es noch eine Veranstaltung vorzuziehen, und somit ein paar Einnahmen vor dem neuen Lockdown zu sichern. Wissend, dass alle Aushilfen danach entlassen werden, springt sie im Urlaub ein, um die Chancen auf den Erhalt ihres Arbeitsplatzes zu erhöhen. Dann kommt der leichte Lockdown und sie fällt bei 100% Kurzarbeit in ein psychisches Tief. Aus der Ferne versuche ich sie aufzubauen, rede ihr immer wieder zu herzukommen, doch ich dringe nicht durch. Einsam und isoliert kämpft sie mehrere Wochen mit der Überlegung sich einen kleinen Chihuahua Welpen zuzulegen. Nicht vom Züchter, sondern günstiger von Privat. Das Geld ist knapp, aber der verletzten Seele würde es guttun und der Lockdown soll ja nur bis Anfang Januar dauern… . Sie entscheidet sich an ihrem Geburtstag im Dezember für die kleine Mila. Aus der Entfernung merke ich jeden Tag mehr, wie gut es ihr tut, wie sie langsam wieder aufblüht und sie durch die damit verbundenen Aufgaben wieder etwas Kraft sammelt.

Kein Verlass auf staatliche Hilfen!

 

Es ist Mitte Dezember, ihr Arbeitgeber wartet noch immer auf die angekündigten Novemberhilfen. Erste Überlegungen machen die Runde wie die kommenden Löhne gezahlt werden sollen, wenn die Hilfsgelder nicht kommen. Sie macht sich Sorgen, bekommt große Existenzängste. Zwei Mal schreibt sie mir, wie groß ihre Ängste sind und dass sie nicht mehr weiterweiß. Sie hat Niemanden außer mir – keine Familie, die ihr helfen könnte, wichtige Freundschaften sind an den Machenschaften ihrer letzten Partnerin zerbrochen.

Ich kämpfe darum, dass sie endlich nach Hamburg kommt, doch sie mag nicht.

Am Montag, 4. Januar 10:27 Uhr bekommt sie eine Nachricht von ihrer Chefin. Es sind immer noch keine Hilfsgelder da und sie versuchen eine andere Quelle aufzutreiben. Die Gehaltszahlung wird noch dauern. Eine Minute später leitet sie diese Nachricht an mich weiter. Mir ist sofort klar, was das bedeutet, denn ich weiß ja wie knapp das mit der Kurzarbeit ohnehin ist. Außerdem fallen bei ihr Anfang Januar noch KFZ Versicherung, KFZ Steuer und andere Versicherungen an. Ich versuche mit ihr darüber zu reden, aber sie mag nicht und muss erst mal an die frische Luft.

Abends sitze ich mit den Kindern beim Abendbrot. Plötzlich bleibt mir der Bissen im Hals stecken und mir wird schlecht. Mir schießt der Gedanke in den Kopf was mit ihr ist.

Ich frage sie wie es ihr geht, und sie erzählt mir, dass sie den ganzen Tag geweint hat, mit Mila zur zweiten Impfung muss aber dafür kein Geld hat. Ich überlege was eine Impfung für so einen kleinen Hund wohl kosten mag – so viel kann es nicht sein. Dann stelle ich eine Frage, deren Antwort ich bereits befürchte: „Doofe Frage aber: Bisschen Geld und was zu essen hast du noch?“ Die Antwort schmerzt, ich muss was tun. Zum Glück habe ich die beste Ex-Ehefrau der Welt. Erzähle kurz von dem Notfall und am nächsten Morgen, nach der Homeschooling Videokonferenz, bringe ich die Kinder zu ihr und nichts kann mich mehr halten. Gut 4,5 Stunden später klingle ich im Südwesten Deutschlands an ihrer Tür. Ich habe nicht gesagt, dass ich zur Hilfe eile. Ihr fehlen ein bisschen die Worte vor Überraschung, doch ich spüre die Erleichterung. In der Küche ist noch eine Packung Schwarzbrot, ein paar Scheiben Käse und Nudeln. Sonst sieht es ziemlich leer aus im Kühlschrank. Wir setzen uns hin und unterhalten uns. Ich merke wie sie voller Existenzangst noch keine Auswege sieht. Also erst mal die größte Not lindern. Einkaufen und den Kühlschrank füllen. Wir kochen was und machen einen Plan. Erstellen eine Liste mit den monatlichen Ausgaben und den einmaligen Zusatzkosten im Januar. Gut 100€ bleiben vom Kurzarbeitergeld nach Abzug von Miete und Fixkosten für Essen und Trinken im Monat zum Leben übrig. Nicht viel, aber sie ist sparsam und gewillt damit auszukommen. Meine Anwesenheit verschafft ihr Mut und Hoffnung, denn ich habe auch einen Nebenjob für sie organisiert: Hoch motiviert pflegt sie nun die Artikel im Onlineshop von Arne Meyer’s The New Home Style ein.

Wie verzweifelt sie war, erfahre ich am Abend: Tags zuvor hatte sie bereits bei ebay Kleinanzeigen eine Anzeige aufgegeben um notfalls ihre kleine Mila wieder zu verkaufen – ein Umstand, der ihr das Herz vollends gebrochen hätte. Aber diese Anzeige hat sie nach meiner Ankunft erst mal ganz schnell entfernt. Es wird spät als wir schließlich schlafen gehen. Seit 3,5 Wochen schläft sie das erste Mal wieder gut und durch. Am Mittwoch gehen wir mit Mila zum Tierarzt und sie bekommt die zweite Impfung. Die Kosten dafür übernimmt eine Freundin von meinen Eltern, die ich zuvor gefragt habe, was so eine Impfung wohl kosten mag. Als ich ihr das erzähle, fragt sie mich ungläubig warum sie das für sie tut, wo sie sie doch gar nicht kennt. Am späten Mittwochabend mache ich mich auf den Heimweg. Wir nehmen uns in den Arm und ich frage sie, ob es nicht gut war, dass ich einfach so kam. Und ja, das war es. Nie hätte sie von alleine um Hilfe oder gar Geld gebeten, und das obwohl sie schon lange nicht mehr weiterwusste.

Ich bin glücklich und stolz zum richtigen Zeitpunkt das richtige getan zu haben. Ich mag mir nicht ausmalen was eventuell noch passiert wäre, wenn ich diesen Dienstag nicht die 600km zu ihr gefahren wäre. Ach ja, natürlich sprang ihr Auto auch nicht mehr an, als ich da war – die Kurzstrecken haben die Batterie geleert. Aber Vier- und Marschländer helfen! Ein Anruf bei Christian Ohde und ich bekam einen hilfreichen Tipp wie wir die Batterie wieder richtig aufladen. Toll wenn man überall Menschen hat, die man fragen kann und die helfen, aber das hat nicht Jeder!

Auch am 10. Januar noch kein Kurzarbeitergeld!

Übrigens: heute ist Sonntag, der 10. Januar. Sie hat immer noch nicht ihren Kurzarbeiterlohn bekommen. Um nicht in Zinsfallen zu tappen, hat sie keinen Dispo auf dem Konto. Es ist schon frustrierend zu sehen wie dann neben Miete, Steuern, Versicherungen selbst kleinste 7€-Beträge wie Amazon Prime zurück gebucht werden weil die Ersparnisse nach den bisherigen Coronamonaten aufgebraucht sind. Und so kommen zu den bestehenden, unverschuldeten Problemen natürlich automatisch noch Rücklastschrift- und Mahngebühren, schlechtere Einstufungen, usw. dazu. Folgen nicht, weil man zu doof ist oder sein Leben nicht im Griff hat, sondern Folgen, weil der Staat einem dies eingebrockt hat! Das ist der Preis dafür eventuell andere zu schützen. Ich bin gespannt ob die Kollateralschäden von Corona jemals richtig aufgearbeitet werden. Wie viel Leid, Elend, zerstörte Existenzen und am Ende auch Menschenleben nicht Corona, sondern die Maßnahmen dagegen fordern. 

Es gibt sicherlich unzählige, ähnliche Fälle. Wer in diesem Fall meine beste Freundin mit ein paar Euro unterstützen möchte, kann das via PayPal an vum-hilft@vum-magazin.de tun. Jeder Cent wird ihr zu Gute kommen.

Warum diese private Geschichte?

Tja, und warum teile ich nun diese private Geschichte? Weil sie selbst der Meinung ist, dass Niemand über all die Schicksale im Land spricht, die an den Folgen der Maßnahmen zu Grunde gehen. Ich teile die Geschichte, damit jeder Leser sensibilisiert wird und darüber nachdenkt. Damit wir alle auf Menschen in unserem Umfekd achten, die uns lieb sind. Auf Menschen, die vielleicht nicht über ihre Probleme reden mögen, aber grad höchste Not haben. Achtet auf kleinste Veränderungen und handelt wenn ihr euch berufen fühlt – wir müssen in dieser schweren Zeit alle zusammenhalten!

Per PayPal
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Sie möchten einem Menschen in dieser schweren Zeit helfen, dann ist dies über PayPal hier möglich. Jeder Cent wird weitergeleitet!